„Was hältst du von einem Kurztrip mit Zelt?“, rief Robert während er im Keller nach den längst eingestaubten Isomatten und dem vor Jahren im Sonderangebot gekauften Zelt suchte. „Unter freiem Himmel schlafen, die Seele baumeln und sich treiben lassen wie zu Studentenzeiten.“ „Damals waren wir zu zweit – ohne Hund!“, erwiderte ich.
Damit ihr mich nicht vergesst.
Robert überhörte meinen Einwand. Er kramte die Schlafsäcke aus dem Regal und legte sie auf den Boden. „Komm Probe liegen.“ Ipo fand die Idee toll und kroch zu Robert in den Schlafsack. Überfüllte Campingplätze, schmerzender Rücken, lange Wege nachts zur Toilette – wollte ich mir das wirklich antun? Robert hatte bereits recherchiert. Südtirol, Vinschgau am Stilfserjoch, 4 Sterne Camping inmitten der Apfelplantagen mit erfrischenden Bergbächen an den Wanderwegen. „Freitag bis Sonntag, zwei Nächte. Pizza, Pasta, Gelato, italienisches Frühstück, …!“ „Einverstanden“, unterbrach ich ihn. Meine Liebe zur italienischen Küche wischte meine Zweifel weg.
Im Pfotenumdrehen steht die Hundehütte.
Wir wussten nicht, ob unser verstaubtes Zelt bei Regen dicht hält. Der Wetterbericht hatte für das Wochenende stabiles Hochdruckwetter mit geringer Gewitterneigung vorhergesagt. Also packten wir unsere sieben Sachen und fuhren über den Reschenpass nach Prato. Am Reschensee bestaunten wir mit tausenden anderen Touristen den aus dem Stausee ragenden Kirchturm. 1950 wurde bei der Seestauung das gesamte Dorf Graun überflutet. Einzig der Kirchturm ragt noch hervor. Am Parkplatz zu den Wanderwegen herrschte internationales Sprachgewirr. Ipo stahl dem Kirchturm die Schau. Italiener, Japaner und Deutsche wollten unbedingt ein Foto mit dem hübschen, freundlichen Golden Retriever. Ipo poste gerne und freute sich über die zahlreichen Streicheleinheiten.
Super gemütlich.
Am Campingplatz fanden wir ein schattiges Plätzchen. Während wir unsere Hundehütte aufstellten, spielte Ipo mit den Kindern unserer Zeltnachbarn. Auf unserer Erkundungstour durch die Apfelplantagen erwischten wir genau die Zeit, in der die Bauern die Bewässerung ihrer Plantagen starteten. Auf dem Rückweg zum Campingplatz versuchten wir trocken zwischen den sich drehenden Wasserfontänen hindurchzukommen. Wir hatten ein schlechtes Timing und kehrten klitschnass zurück. Die erste Nacht im Zelt. Ipo war hundemüde und gleichzeitig hellwach. Durch die dünne Zeltwand drang Stimmengewirr. Ipo kam nicht zur Ruhe. Irgendwann gab er auf und legte sich an Roberts Seite. Wir hatten höchstens drei Stunden zusammenhängend geschlafen, als die Morgensonne unser Zelt innerhalb kürzester Zeit wie einen Backofen heizte. Schlaftrunken schleppten wir uns in die Frühstücksbar am Campingplatz und hofften dass mit starkem Espresso unsere Lebensgeister zurückkehren. Ipo döste unter dem Frühstückstisch und schien gut erholt.
Jetzt aber endlich los – die Gegend erkunden.
Früh morgens war es kühl genug für einen Stadtbummel durch den Ort Schlanders. In der Mittagshitze besuchten wir im Martelltal auf 1300m das höchstgelegene Erdbeerfeld Europas. Zurück am Campinglatz legten wir uns unter einen schattigen Baum, genossen unser Beerenobst und holten den versäumten Schlaf auf. Ipo räkelte sich in der Abendsonne und fand Gefallen daran, dass jeder Passant Zeit für einen Plausch und einen Streichler für ihn übrig hatte. Riesengroße, leckere Pizzen und Rotwein sorgten für die nötige Bettschwere. Ich fiel sofort in den Tiefschlaf und auch Ipo war es total egal, was um ihn herum passierte. Vermutlich hätte sogar jemand das Zelt über uns abbauen können, wir hätten es nicht bemerkt. Mit einer Wanderung entlang der alten Wasserläufe mit Kneipptemperatur nahmen wir Abschied vom Vinschgau.
Komm‘ Frauchen, stell dich nicht so an.
Das Resümee unseres Kurztrip-Zeltabenteuers: Schön war’s. Allerdings genossen wir unsere weiche Matratze zu Hause. Ipo wäre am liebsten zu uns ins Bett gehüpft. Ganz nahe ans Menschenrudel gekuschelt zu schlafen fand er vermutlich super cool.